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Gisela Sender (Trauerrituale)

Gisela Sender, TrauerbegleiterinWelche Rituale in der Trauerzeit dabei helfen können, den Schmerz über den Verlust eines Angehörigen zu tragen, darüber spricht Gisela Sender mit den Teilnehmern des Trauer-Chats.

Die Bestattungsfachwirtin und ausgebildete Trauerbegleiterin bildet junge Bestattungsfachkräfte aus und tritt seit mehr als zwei Jahrzehnten für mehr Individualität in der Bestattungskultur ein.

„Selbstverständlich geht es nicht nur um Trauerrituale“, meint die Bestatterin, die als Dozentin zum Thema Trauer bundesweit gefragt ist. „Trauernde müssen ja nicht nur den Verlust eines geliebten Menschen verarbeiten, sondern ihren Alltag weiterhin meistern und gleichzeitig ihrem Leben eine neue Bahn geben.“ Über eigene Fähigkeiten und persönliche Stärken werde es im Chat gehen. Die zu erkennen und gesund einzusetzen sei wichtig in einer so komplizierten Zeit, wie sie eine Trauer darstelle.

Der Experten-Chat sei für sie wie eine anonyme Selbsthilfegruppe, meint Sender. Hier könnten sich die Teilnehmer in einem geschützten Rahmen nicht nur gegenseitig Unterstützung und Hilfe geben, sondern auch Rat von einer Fachfrau holen. „Ich habe persönlich erlebt, wie wichtig es ist, als Trauernder fair behandelt zu werden. Ich sehe meine Aufgabe als Bestatterin darin, jedem Trauernden eine individuelle Trauer zu ermöglichen und ihn zu ermutigen, seine Trauer zu leben.“

 

Interview mit Gisela Sender

Trauerportal: Wir freuen uns, dass wir Sie als Experten für unser Trauerportal gewinnen konnten. In welchen Themen, würden Sie sagen, kennen Sie sich besonders gut aus?

Gisela Sender: Ich arbeite seit 1991 für das Bestattungsinstitut GE-BE-IN in Bremen. Ich habe als Quereinsteigerin begonnen, da es zu dem Zeitpunkt noch keine geregelte Ausbildung für Trauerberater gab. Berufsbegleitend absolvierte ich eine Weiterbildung zur Bestattungsfachwirtin und schloss eine Ausbildereignungsprüfung direkt an. Ebenso bin ich ausgebildete Trauerbegleiterin nach ROMPC®. Die Trauer in den verschiedenen Kulturen, Rituale, die helfen können, eine Trauer zu bewältigen, und alle Fragen rund um Trauerfeiern und Bestattungen sind meine Spezialgebiete.

 

Trauerportal: Haben Sie persönlich bereits Trauer empfunden? Mögen Sie darüber kurz etwas erzählen?

Gisela Sender: Ich habe zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten in meinem Leben sowohl meine Eltern als auch meinen Zwillingsbruder verloren. Als mein Vater im Sterben lag, war ich noch Jugendliche, und mir wurde der Wunsch verwehrt, bei ihm in der Klinik bleiben zu dürfen. Heute würde mir das nicht mehr passieren. Ich bin mir sicher, dass sowohl Klinikmitarbeiter als auch meine Beharrlichkeit einen solche unsensiblen Umgang nicht mehr akzeptieren würden.

Mein Zwillingsbruder verstarb, als ich gerade angefangen hatte, in einem Bestattungsinstitut zu arbeiten. Zu dem Zeitpunkt war ich sehr auf die Hilfe und Begleitung anderer angewiesen.

Meine Mutter ist vor acht Jahren gestorben. Ich bin zwar durch meine Tätigkeit als Bestatterin anders auf eine solche Situation vorbereitet als viele andere Menschen, doch bin ich in dieser traurigen Situation genauso trauernde Tochter und Schwester wie andere auch.

 

Trauerportal: Sie führen eine hohe Anzahl von Beratungen und Begleitungen durch. Gibt es eine Situation, die Ihnen bis heute in Erinnerung geblieben ist, die Sie besonders berührt hat?

Gisela Sender: Im Laufe der Jahre habe ich unzählige Lebensgeschichten kennengelernt. Jede einzelne ist einzigartig. Ich möchte keine persönliche Wertung vornehmen, weil jeder Abschied für die Angehörigen etwas einmaliges ist.

 

Trauerportal: Trauer ist normal und gehört zum Leben dazu. Trotzdem versuchen viele Menschen, dieses Thema zu umgehen. Was ist Ihre Motivation sich beruflich mit Trauer zu beschäftigen und Trauernde zu begleiten?

Gisela Sender: Ich habe persönlich erlebt, wie wichtig es ist, als Trauernder fair behandelt zu werden. Ich sehe meine Aufgabe als Bestatterin darin, jedem Trauernden eine individuelle Trauer zu ermöglichen und ihn zu ermutigen, seine Trauer zu leben.

 

Trauerportal: Um die Kraft aufzubringen trauernde Menschen zu begleiten, ist es besonders wichtig auch gut für sich selbst zu sorgen. Welche Möglichkeiten im Umgang mit der eigenen und der Trauer von Betroffenen haben Sie für sich gefunden?

Gisela Sender: Ich habe zum einen in meinen Ausbildungen gelernt, meine berufliche Situation zu reflektieren, zum anderen hatte ich stets die Möglichkeit, Supervision in Anspruch nehmen zu können. Manchmal reicht es auch, jemanden zu haben, der das aktive Zuhören beherrscht, um wieder in die eigene Balance zu finden.

 

Trauerportal: Die virtuelle Beratung und Begleitung (hier der Chat und das Forum) Trauernder Menschen bringt besondere Herausforderungen mit sich. Was ist Ihre Intention daran teilzunehmen und was erhoffen Sie sich von diesem Angebot?

Gisela Sender: Der Chat ist eine sehr schöne Möglichkeit für Trauernde, darüber zu sprechen, wie es ihnen geht, weil ihnen im Alltag manchmal signalisiert wird, sie seien nicht in Ordnung mit der „immer noch“ anhaltenden Traurigkeit. So etwas macht mich ärgerlich: Wenn Menschen denken, dass Trauer innerhalb fester Zeitfenster bewältigt sein müsste, und von Trauernden erwartet wird, sie sollten wieder „funktionieren.“ Der Chat ist eine Möglichkeit, das zu äußern, was man sich sonst vielleicht nicht zu sagen traut.

 

Trauerportal: Gibt es noch etwas, das Sie erwähnen möchten?

Gisela Sender: Die Botschaft an jeden trauernden Menschen: In der Trauer gibt es kein Richtig oder Falsch, sondern nur das, was man fühlt.

 

Vielen Dank für das Interview!


Gisela Sender

Bestattungsfachwirtin IHK
ROMPC®-Trauerbegleiterin
Einzel- und Gruppenbetreuung